Sonntag, 13. Juli 2008

Your Own Disco Fiasko Pt. I

Ja ja, ich bin faul. Ich bekenne mich schuldig. Geplant war es eigentlich, viel öfter hier etwas reinzuschreiben, aber… ähm… ihr wisst ja, da muss man dann mal und auch noch und kaum versieht man sich, ist schon wieder eine Woche um.

Am kommenden Dienstag bin ich nun schon zwei Wochen hier, was bedeutet, dass der Mittwoch Madrid Road 39 offiziell zu meiner neuen Heimat macht. Ich denke, ich bin bisher nie länger als zwei Wochen im Urlaub gewesen, also muss das ja hier jetzt zwangsläufig… ihr wisst schon.

Gerade deshalb geht es mir auch jetzt darum, hier mal Bekanntschaften zu schließen. Ich möchte definitiv ein Gegengewicht zur kinderreichen Woche haben und irgendwie noch ein soziales Leben aufbauen, in dem das Alter aller Beteiligten weit über 3 Jahren liegt.
Am Dienstag bin ich daher zum Treffen einiger ehemaliger Schüler der Sprachschule gegangen. Sehr ergiebig war das leider nicht, denn entweder bleiben sie insgesamt nur für drei Wochen oder sind unsympathisch. Madame Selbstüberzeugt war, muss ich leider zugeben, wird aber niemanden schockieren, auch eine Deutsche (neben mir die einzige) aus Kiel. Direkt in einem der ersten Sätze unseres Gesprächs hat sie sich negativ zu Berlin geäußert und bei Geld, Essen und Berlin hört der Spaß auf und die Freundschaft endet eh.
Bereits nach einem Jahr in London fühle sie sich wie eine Engländerin, habe sich „ein zweites Leben aufgebaut“ und möchte, um das nun auch von offizieller Seite bestätigt zu haben, doch lieber noch einmal testen, ob sie in der Sprachschule nicht mittlerweile in den „advanced course“ gehöre.
Meinen Segen hat sie, so lange wir uns im September nicht wiedertreffen. Auch wenn das bedeutet, dass ich nicht… wäre eh nichts geworden.
Yeah, ab September darf ich endlich wieder lernen und Hausaufgaben machen! Wieso mache ich denn dieses Jahr hier in England? Natürlich weil ich die Schnauze voll habe vom ganzen Schulschmarn und nicht direkt im Anschluss studieren wollte. Ok, die Sprache, das Land, die Erfahrungen etc. spielten auch keine wirklich untergeordnete Rolle, aber…
Na ja, wenn’s meinem Englisch denn dienlich ist und vor allem die Gabe „Kindergeld“ von Vater Staat weiterhin ermöglicht, werde ich mich nicht wieder beschweren.
Am Ende der Kurse treffen sich auch immer noch mal alle zu Kaffee und Kuchen. Tee gibt es natürlich auch, es muss ja auch den Schülern, die sich mittlerweile absolut britisch fühlen, etwas angeboten werden. Arrogante Pute.
Ich konnte mich noch ganz nett mit einer Schwedin (groß, schlank, blond und ich mochte sie trotzdem), einer Italienerin (zierlich, hübsch, dunkelhaarig und ich mochte sie trotzdem) und einem Franzosen (… und ich mochte ihn trotzdem) unterhalten, aber niemanden von ihnen hält es hier eben länger.

Ich musste also mehr Initiative zeigen.
Von der Au Pair Agentur lag mir noch eine Liste mit weiteren Au Pairs in London vor und so habe ich gestern auf gut Glück mal einem Mädchen geschrieben.
Eine SMS an eine völlig Unbekannte und es galt ja auch sie irgendwie zu überzeugen, dass Kontakt zu mir für sie völlig lebensnotwendig sei.
Also versuchte ich in einer dreier SMS (ihr wisst schon, was ich meine) ihr 1. mich kurz vorzustellen, 2. ihr zu erklären, woher ich ihre Nummer habe und 3. den Grund meiner SMS zu nennen.
All das gespickt mit arg gewolltem Humor, der eigentlich nicht viel konnte, aber doch was erreichte.
(Ok, in meinem Kopf klang der Satz ganz gut eigentlich. Jetzt, wo ich ihn hier geschrieben sehe… Aber hier wird nichts gelöscht. Nichts als die reine Wahrheit wird hier dargeboten.
Na ja, ich weiche schon wieder ab.)
Jedenfalls hat sie mir direkt geantwortet, was entweder gegen ihren Humor spricht oder für die Tatsache, dass sie auch in meiner Situation steckte.
Lange Rede, kurzer Sinn.
Wenige Stunden später liefen wir beide mit einem Kaltgetränk einer gewissen Kaffeehauskette durch Central London und entdeckten unerwartet viele gemeinsame Interessen.
Leider geht auch sie bereits Anfang August wieder zurück nach Deutschland, aber immerhin werden wir die Zeit bis dahin fleißig nutzen.
Nächsten Freitag fangen wir mit dem Tanzen gehen an, denn… gleicher Musikgeschmack! Hurra! Am Wochenende werden wir dann mal nach Camden fahren und versuchen unseren Shoppinggelüsten nicht zu sehr freien Lauf zu lassen.

Das ist eigentlich bei mir eh nicht drin, denn noch heute werde ich mir drei Konzertkarten besorgen. Ich kann ja nicht in London leben und nicht am musikalischen Part des Nachtlebens teilhaben. Vorerst sieht es wieder so aus, als müsste ich alleine gehen, aber ich breche ja eh ungerne mit Traditionen.

Gestern Abend hab ich mich dann mit einer weiteren Freundin samt Anhang getroffen. Sie hat ihre Ferien für einen Kurztrip nach London genutzt und so kam auch ich zu meinem ersten Clubkontakt in London.
Beide auserwählten Clubs boten freien Eintritt an und so hat es mich nicht einmal abgeschreckt, dass in der Beschreibung das Genre als „House, Electro und Techno“ angegeben wurde. Ich meine, man konnte ja gar kein Risiko eingehen bei freiem Eintritt.
Stilecht begann der Abend mit irgendeinem Billiggesöff (für Londoner Verhältnisse), das geschmacklich an kalten Glühwein und… erinnerte.
Ich denke, das war das Formfleisch unter den alkoholischen Getränken.
Den Weg zum ersten Club ließen wir uns von einem freundlichen Polizisten weisen, der den Eindruck machte, als würde er am liebsten mitkommen.
Die „TBar“ konnte uns nur eine knappe halbe Stunde halten, denn „Monotonie“ bietet 5- mal (mindestens!) so viel Abwechslung wie die Musik in dem Laden. Das war für meinen Geschmack keine Musik. Da wurde nur für unbestimmte Zeit eine Taste auf dem Drumcomputer immer und immer und immer (…und immer…) und immer wieder gedrückt.
Getanzt haben dazu Frauen in Minikleidern und Kniestrümpfen. Heißßßßßß.
Irgendwann konnte uns nicht einmal der Anblick mehr unterhalten, also ging es in die „Bar Musik Hall“.
Ein Transsexueller Magersüchtiger in einem Paillettenkleid und Krone (sic!) wollte uns zuerst den Eintritt verwehren und verwies auf die Gästeliste.
2 min später waren wir trotzdem drin.
An Unterhaltung war der Laden kaum zu überbieten. Bad Taste Parties sind bieder dagegen.
Freakshow vom Feinsten und auf Toiletten hatte man die Wahl zwischen einem Lutscher oder einem Deospray. Keine Ahnung, wo da der Zusammenhang besteht, aber es erschien mir erzählenswert.
Die Musik war auch Schrott, aber geblieben sind wir trotzdem.
Zusammengestellt wurde diese völlig willkürlich und so kam nach Toni Braxton Technogewummer, später Bob Marley, viel 90er Trash und Tamagotchi Musik.
Als wir mit dem Starren aufgehört hatten, wagten wir uns sogar ans Tanzen, auch wenn wir in dem Laden natürlich niemandem das Wasser reichen konnten. Dafür hatten wir auch schon mal grundsätzlich zu viel an, waren nicht schwul genug und unsere Klamotten leuchteten nicht kilometerweit. Aber ein paar Tage habe ich ja noch Anpassungszeit. J

Für den Weg nach Hause brauchte ich etwas mehr als zwei Stunden, da London keine durchfahrenden Bahnen kennt. Berlin, ich liebe dich. Nachtbusse waren also die einzige Möglichkeit um mich vom Nordosten Londons in den Südwesten zu bringen.
Ganz wohl fühlte ich mich nicht dabei, denn den Rückweg trat ich ja alleine an, verpasste auch viele meiner Busse, hab mich einmal fast verlaufen und bin am Ende (horch, Linda, horch) gejoggt, um schneller zu Hause zu sein. Meine Fahrkarte hatte ich auch noch verloren, so dass ich am Ende das Geld, das ich beim Eintritt gespart hatte, in neue Tickets investieren dürfte.
Es ging also so ziemlich alles schief, was möglich war, aber man lernt ja aus Feh… bla.
Zweimal wurde ich von Herren unterhalten, die meine Unsicherheit zu merken schienen. War aber ganz harmlos. Ein kleiner Inder, der mir eine Fahrkarte zahlen wollte, „no thanks, i’ts really kind, but I will pay“ und am Ende ein Deutscher, der auch in meine Richtung musste. Hab ich ihm also die Ohren vollgemeckert und er versicherte mir, dass man sich bald daran gewöhne.

So, demnächst gibt’s mehr von der zurückliegenden Woche, aber das ist ja bis hier schon viel zu viel.
Ich mach heute übrigens noch Bouletten mit Kartoffelbrei und Erbsen. Ihr seid eingeladen.

Lisa

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